Russlands Krieg gegen die Ukraine und MCS-Daten

02. Mai 2022 (in English / en Francais)

Am 24. Februar 2022 marschierte Russland in die benachbarte Ukraine ein. Als Reaktion auf diesen unprovozierten Angriff verhängten westliche Länder weitreichende Sanktionen mit dem Ziel, die russische Wirtschaft lahmzulegen. Die Sanktionen schlossen außerdem große russische Banken von SWIFT, dem globalen Nachrichtennetzwerk für internationale Zahlungen, aus. Anfang März 2022 zogen weitere westliche Zahlungsanbieter wie Mastercard, Visa und American Express nach und stellten entweder ihre Geschäftstätigkeit in Russland oder die Bearbeitung von Zahlungen für von russischen Banken ausgegebene Karten ein.[1]  Das Gleiche galt für den Online-Zahlungsanbieter Paypal. In diesem Blog analysieren wir die mit russischen Karten in der Schweiz getätigten Zahlungen, soweit diese bei Monitoring Consumption Switzerland dokumentiert sind.

Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass die Ausgaben russischer Touristen für bestimmte Ausgabenkategorien im Zusammenhang mit Beherbergung und Gastronomie quantitativ signifikant sind. Dies gilt insbesondere für bestimmte Zeiträume des Jahres, die für russische Touristen attraktiv zu sein scheinen. Gesamtwirtschaftlich hingegen scheinen die fehlenden Ausgaben russischer Touristen aufgrund der Ukraine-Krise von geringer Bedeutung.

Abbildung 1 illustriert die Gesamtausgaben mit russischen Karten als Anteil an den Ausgaben sämtlicher ausländischer Karten in der Schweiz. Es ist ersichtlich, dass in den ersten beiden Wochen der Jahre 2019 und 2020, die der Zeit der orthodoxen Weihnachtsfeiern entsprechen, die Ausgaben mit russischen Karten bis zu 8% und 9% der Gesamtausgaben aller ausländischen Karten ausmachten. Dieser Anteil sank in der Sommerferienzeit und stieg zur Wintersaison wieder an, so dass er 2019 und 2020 im Durchschnitt 2,7% betrug.

Abbildung 1: Russische Zahlungen in der Schweiz.

Der Rückgang des russischen Anteils an den Gesamtausgaben in den Sommermonaten ist auf den stärkeren Zustrom europäischer Gäste (insbesondere aus Deutschland und Frankreich, aber auch aus dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden) zurückzuführen, deren Ausgaben zweimal im Jahr ihren Höhepunkt erreichen: im Sommer und in der Wintersaison. Interessanterweise haben sich die relativen Anteile zwischen 2020 und 2021 nicht wesentlich verändert, was darauf hindeutet, dass alle ausländischen Gäste in der Schweiz in ähnlicher Weise auf Reise- und Hygieneeinschränkungen reagiert haben.

Abbildung 2 zeigt, dass die Ausgaben mit in Russland ausgestellten Karten aufgrund der Pandemie zurückgegangen sind; die fällt zusammen mit einer erheblichen Abwertung des russischen Rubels gegenüber dem Schweizer Franken im Februar/März 2020, als die Pandemie Europa und Russland traf. Nachdem die russischen Ausgaben im April 2020 ihren Tiefpunkt erreicht hatten, stiegen sie in den Jahren 2020 und 2021 sukzessive an. Im Januar 2022 betrugen die Ausgaben mit russischen Karten jedoch nur noch etwa 50% der entsprechenden Ausgaben im Januar 2019.

Abbildung 2: Zahlungen in der Schweiz mit in Russland ausgegebenen Karten (indexiert zu 100% am Januar 2019).

Welche Händlerkategorien sind am stärksten vom Ausbleiben russischer Touristen betroffen? Abbildung 3 zeigt, dass die Ausgabenmuster in der Kategorien Beherbergungsgewerbe (Accommodation) und Gastronomie (Food and Beverage Services), jenen in Abbildung 1 sehr ähnlich sind. Auch hier erreicht der Anteil der Ausgaben mit russischen Karten im Januar seinen Höhepunkt, wobei dieses Muster in diesen beiden Kategorien mit Ausgabenanteilen von 11% bis zu 12% der mit ausländischen Karten getätigten Gesamtausgaben quantitativ stärker ausgeprägt ist.

Abbildung 3: Russische Zahlungen in Accommodation and Food and Beverage Services.

Bemerkenswerterweise zeigt Abbildung 4, dass der Anteil der russischen Ausgaben im übrigen Detailhandel (Retail: other than Food, Beverage, Tobacco and Fuel) auch im Januar 2019/2020 stark zunahm. Dieses Muster steht im Gegensatz zu den Ausgaben mit anderen kontinentaleuropäischen Karten, bei denen ausländische Touristen während ihrer Ferien in der Schweiz weniger in dieser Kategorie ausgaben. Russische Touristen scheinen demnach erhebliche Ausgaben zu tätigen, die nicht unmittelbar mit dem Tourismus zusammenhängen (wie die oben erwähnten Kategorien Accommodation & Food and Beverages).

Abbildung 4: Russische Zahlungen in Retail: Other Goods.

Es ist anzumerken, dass der Anteil der mit russischen Karten getätigten Zahlungen an den gesamten Kartenzahlungen (im In- und Ausland) mit 1-2% im Jahr 2019 vor der Pandemie eher gering war. Obwohl sie für die Gesamtwirtschaft in der Schweiz nur von begrenzter Bedeutung sind, deuten die vorliegenden Daten darauf hin, dass die Ausgaben russischer Touristen für bestimmte Regionen oder Sektoren von quantitativer Bedeutung sein können. Dies zeigt der hohe Anteil russischer Transaktionsvolumina in einigen Kategorien, insbesondere Anfang Januar.


[1] Aufgrund von Verzögerungen bei der Verarbeitung, Offline-Transaktionen und aus anderen Gründen kann es immer noch zu kleinen Transaktionsbeträgen kommen, die mit russischen Zahlungskarten getätigt werden. Unseres Wissens nach wird das russische Zahlungssystem «Mir» in der Schweiz nicht akzeptiert.

References/Press releases:

https://investor.mastercard.com/investor-news/investor-news-details/2022/Mastercard-Statement-on-Suspension-of-Russian-Operations/default.aspx

https://investor.visa.com/news/news-details/2022/Visa-Suspends-All-Russia-Operations/default.aspx

https://about.americanexpress.com/all-news/news-details/2022/american-express-suspends-operations-in-russia-and-belarus/default.aspx

https://newsroom.paypal-corp.com/2022-03-05-paypal-ceo-dan-schulman-message-ukraine