«So verändern die neuen Corona-Regeln unser Shopping-Verhalten»
TA-Media , Dominik Balmer, Svenson Cornehls, Mathias Born
Publiziert: 16.12.2020, 16:56
Im oben genannten Artikel des Tagesanzeiger wird auf der Basis von Daten des Projekts Monitoring Consumption Switzerland (MCS) gezeigt, dass es am Samstag 12.12.2020 zu einer deutlichen Abnahme der Transaktionen an Zahlgeräten (PoS Terminals) mit Debitkarten im Vergleich zum Samstag 5.12.2020 kam. Dieser ungewohnte Rückgang der Transaktionen (-16% bei Non-Food Geschäften in den Kernstädten der Schweizer Agglomerationen) wird dahingehend interpretiert, dass die Schweizer Konsumenten am letzten Samstag deutlich weniger unterwegs waren als in der Woche zuvor.
Zahlreiche Leser haben darauf hingewiesen, dass sich am Samstag, dem 12.12, ein Unterbruch in der Verfügbarkeit von PoS Terminals ereignete. Sie vermuten, dass dieser Unterbruch den Rückgang der Debitkartentransaktionen erklären könnte. Das würde bedeuten, dass nicht weniger Konsumenten unterwegs waren, sondern dass diese aufgrund von technischen Hindernissen ihre Einkäufe vertagen mussten oder mit Bargeld bezahlt haben.
Im Vorfeld der Publikation des Artikels habe ich als Wissenschafter das Autorenteam um Herrn Balmer bei der Interpretation der Daten von MCS beraten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir im Projektteam leider noch keine Kenntnis von einem Ausfall der elektronischen Zahlungssysteme am 12.12. Ich habe deshalb keine entsprechende Qualifikation bei der Interpretation der Daten empfohlen.
Im Projektteam von MCS verfügen wir nicht über Transaktionsdaten nach Tageszeit, mit denen wir feststellen könnten, ob der Rückgang der Transaktionen nur während einer bestimmten Tageszeit stattfand. Somit können wir keine direkte Einschätzung geben, in welcher Höhe der Unterbruch bei PoS Terminals zu dem beobachteten Rückgang der Transaktionen beitrug. Aufgrund weiterer Analysen der uns zur Verfügung stehenden Daten komme ich aber zu dem Schluss, dass der Rückgang der Transaktionen am 12.12 in dem gezeigten Ausmass kaum auf den Terminal-Unterbruch allein zurückzuführen ist.
Diese Einschätzung basiert auf einer zusätzlichen Analyse der täglichen Bargeldabhebungen an Bankomaten mit Debitkarten. Wir gehen davon aus, dass eine massive Verhinderung von PoS Transaktionen aufgrund eines Terminal-Unterbruchs zumindest teilweise zu einer Erhöhung der Bargeldabzüge am gleichen Tag führen würde. Können Konsumenten nicht wie geplant mit ihrer Debitkarte (oder Kreditkarte) am PoS Terminal bezahlen, so bleibt das Bargeld als Alternative. Nicht alle Konsumenten werden jedoch das notwendige Bargeld bei sich tragen, insbesondere diejenigen Kunden, die sonst nur bargeldlos bezahlen. Diese wären gezwungen, am Bankomat Bargeld abzuheben oder den Einkauf zu verschieben.
Unsere Analyse der Bargeldabhebungen im Dezember 2020 weisen jedoch nicht darauf hin, dass es zu vermehrten Bargeldbezügen kam (siehe Bild): Die Änderung der Bargeldabezüge vom 5.12. auf den 12.12. beträgt -0.2% (114.7 Mio CHF am 5.12., 114.4% Mio CHF am 12.12), während wir für die gesamte Schweiz einen Rückgang des Debit-PoS-Transaktionsvolumens (in CHF) von -11% (von 209 Mio CHF am 5.12 zu 187 Mio CHF am 12.12) berechnen können.

Wir möchten klarstellen: Wir können nicht ausschliessen, dass der Rückgang der beobachteten Debitkartentransaktionen am 12.12. teilweise durch den Unterbruch in der Verfügbarkeit von PoS Terminals bedingt war. Die gezeigten Daten könnten den Rückgang der Einkaufstätigkeit teilweise überschätzen, weil manche Einkäufe anstatt mit Debitkarten mit bereits vorhandenem Bargeld aus dem Portemonnaie bezahlt wurden.
Unsere Analyse zeigt aber keinen nennenswerten Anstieg der Bargeldbezüge am letzten Samstag. Diese Beobachtung lässt vermuten, dass der Rückgang von Debit-Transaktionen nicht allein bzw. hauptsächlich durch «verhinderte» Transaktionen während des Unterbruchs der PoS Terminals zustande kam. Ich interpretiere die Daten von MCS deshalb weiterhin so, dass der Konsum im Detailhandel am Samstag, dem 12.12.2020, im Vergleich zu Samstag, dem 5.12.2020, deutlich zurückgegangen ist.
Für weitere Auskünfte stehe ich gerne zur Verfügung: martin.brown@unisg.ch